Mal ernsthaft: Woran denkst du, wenn du den Begriff Community Management hörst? Locker-flockig ein paar Kommentare unter dem neuesten Instagram Post beantworten, hier und da Beiträge liken – Selbstläufer! So oder so ähnlich ist das CM in vielen Köpfen, mitunter auch in Marketingabteilungen etablierter Unternehmen, verankert. Reicht doch? Reicht nicht! Ganz so undifferenziert und zuweilen leichtsinnig sollte man es sich heutzutage nicht mehr machen, wenn man seiner Community nicht vor den Kopf stoßen möchte. Längst hat sich das CM aus der Beiwerkrolle des Social Media Managements emanzipiert und untermauert seine Autonomie in dieser Koexistenz durch große Potenziale sowohl in der Kund:innenbindung als auch in der Kund:innenakquise.
Drehen wir die Zeit einmal zurück. Anfang der 90er-Jahre. Die Scorpions pfeifen mit „Wind of Change“ durch die Radios und die ersten Manager:innen freuen sich über portable und utopisch teure Mobiltelefone, deren Größe eigentlich jegliche Portabilität konterkariert. Alle angekommen? Fein. Der Ohrwurm geht aufs Haus! Wie sehen aus Kund:innenperspektive die Kontaktpunkte zu Unternehmen in dieser Zeit aus? Klar, ich kann zum Hörer greifen und Hotlines anrufen, die unwahrscheinlich teuer sind und mich ein ewiges Dasein in monoton beschallten Warteschleifen fristen lassen – Beethovens Elise lässt grüßen! Am anderen Ende dann dürftig ausgebildete Call-Center–Agenten, die mich nach zwei gesprochenen Sätzen in meiner Verzweiflung erröten lassen. Oder der gute alte Brief, selbstverständlich ordentlich frankiert mit einer 60–Pfennig–Marke. Warum auch nicht? Vielleicht schafft er es ja durch die Poststellen des Bürokratiedschungels bis hin zu seine:r Empfänger:in, um dann unbeantwortet in der Versenkung zu verschwinden.
Ok, ich mag an dieser Stelle leicht übertreiben, aber das Ende der Fahnenstange ist damit trotzdem erreicht – viel mehr Kontaktpunkte gab es, insbesondere bei Konzernen ohne Filialbetrieb, nicht. Die Kommunikationsmaßnahmen waren für Unternehmen schlicht und berechenbar. Werbung wurde in Printmedien gepackt, wer es sich leisten konnte, hat einen TV- oder Kinospot gedreht. Unternehmen sendet, Kund:in empfängt. Kommunikation als Einbahnstraße.
Zurück in die Gegenwart. Das Pfeifen der Scorpions ist leiser geworden, aber hier und da dringt es noch durch. Hotlines sind auch teilweise noch aktuell (ich pflege da eine ganz intensive, aber bedingt romantische Beziehung mit einem Telekommunikationsanbieter). Briefe werden sogar inflationärer verschickt als jemals zuvor – nur als E-Variante. Kommunikation aber ist längst keine Einbahnstraße mehr. Seit Jahren nicht. Dem Internet sei Dank! Websites, Foren und Social-Media-Plattformen bilden die neuen Kontaktpunkte. Und diese sind nicht nur bilateral, sondern sogar multilateral. Gerade noch in den 90ern, jetzt bei multilateraler Kommunikation? Ging zu schnell? Mir auch! Gestern noch cooles 90s Kid mit gefüllten Panini-Alben, heute erwachsen und am Schreiben dieses Blogposts. So wird es aber auch einigen staubigen Marketingabteilungen ergangen sein, also das mit der Schnelligkeit.
Auf den vorbeirauschenden Social-Media-Zug hat es trotzdem auch noch der letzte Provinzbäcker geschafft (kann ich so sagen, ich stamme aus einer Bäckerfamilie). Wer Gewinnerzielungsabsichten hegt, der taucht ein ins Social-Media-Becken. Und nicht allzu selten wird er oder sie dabei kalt erwischt. Von der Umtriebigkeit und Rastlosigkeit, aber auch von der Ehrlichkeit und Direktheit der Personen, die sich in diesem Becken tummeln. Die vermeintliche Anonymität lässt Kommunikationshemmschwellen tiefer sinken als die Aufstiegsambitionen des HSV.
Wer sich als Unternehmen auf Social Media präsentiert, der bietet eine Angriffsfläche, das muss bewusst sein. Wer sich präsentiert, dem öffnen sich aber auch Chancen, das muss bewusster sein. Und am bewusstesten muss sein, dass die (Selbst-)Präsentation auch moderiert werden will. Mit mehr als Herzchenaugen und Daumen hoch und mit mehr als Stumpfsinn und Eintönigkeit, sondern mit Authentizität und Empathie sowie mit Leidenschaft und Eloquenz. Pulsiert es gerade in euch? Na dann: Herzlich willkommen im Community Management!
Ich starte hiermit in eine kleine Blog-Serie rund um das Thema CM und ich bin euch noch einiges schuldig. Community Management ist vielfältig. Moderation, Koordination, Tone of Voice, Grußformel, Krisenmanagement, Proaktivität, Key Performance Indicators, Gendern, Ansiedlung im Marketing-Mix a n d s o o n. Bleibt am Ball, wir rollen das Feld gemeinsam Schritt für Schritt auf!
Ach ja, eins noch:
Schlussformel.
Stay tuned!
Euer Christian